„Ich habe das doch nur Retweetet, um darauf aufmerksam zu machen!“ – das mag sein. Leider hast Du vermutlich schlichtweg vergessen, deinen Retweet in einen Kontext zu setzen. „Es steht doch auch in meiner Twitter-Bio, dass Retweet ≠ Endorsement ist“. Ach, wie oft hörte ich das schon und ich kann es schon immer nicht hören. Weißt Du, diese Aussage ist einfach – wie soll ich es nett ausdrücken – Bullshit. Ja, ganz großer Bullshit. Aber zum Anfang, worum geht es eigentlich?
Auf Twitter tummeln sich allerhand Personen, Firmen, Zeitungen, Fernsehsender, etc. Und natürlich sind einige dieser Personen Angestellte dieser Firmen, Zeitungen und Fernsehsender. nun ist es so, dass alle Twitter-Nutzer*innen die Möglichkeit haben, eine sogenannte „Bio“ auszufüllen. Da stehen dann unter anderem folgende Sachen:
„Journalist – Redakteur Online/Mobile bei FUNKE Sport – Schalke-Reporter – liebt Fußball und das Ruhrgebiet – Super-Bowl-52-Reporter – hier privat unterwegs“
„schon länger journalist, heute bei @DIEZEIT . Mag innovativen Journalismus, die Startup-Welt und Ausflüge jenseits der Comfort Zone. Hier privat unterwegs.“
„Journalist NDR/ARD | hier privat“
„Journalist @DeutscheWelle in Berlin. Twittere hier privat mal über Politik, mal über Religion und #Kirche, Kultur und Medien. Aber immer als Rheinländer.“
Das letzte Beispiel hat auch eine Website verlinkt: dw.com
Diese vier Beispiele haben folgende gemein: Sie sind Journalist*innen, sie geben an, bei welchem Medium und betonen, die Plattform Twitter privat zu nutzen. Bei manch einem sieht es auch wie folgt aus:
„Journalist, Nachrichtenchef der Nordwest-Zeitung (NWZ). Historiker, Islamwissenschaftler und Jäger. Meinungen & Ansichten privat. Retweet ≠endorsement.“
Diejenigen unter Euch, die dem Englischen nicht so mächtig sind: Endorsement ist in diesem Kontext das englische Wort für Befürwortung, Billigung. Der Nachrichtenchef der NWT ist also Journalist und Nachrichtenchef und privat auf Twitter und retweetet Sachen einfach so. Nicht etwa, weil er eine Meinung teilt oder etwa gut findet, nein, einfach so huppdidei trallalala schaut mal hier, es ist einfach so da ohne einen Grund.
Nun folgendes Gedankenmodell: Da ist ein Journalist, der retweetet einen Nazi. Andere Nutzer*innen weisen ihn darauf hin, er lamentiert rum „und außerdem bin ich privat hier“. Nein. Nein bist du nicht. Keine*r von uns mit einem offenen Twitter-Konto ist privat hier. Wir senden auf Twitter, rein theoretisch in die gesamte Welt. Wir verteilen Nachrichten und treffen Aussagen. Und wenn ich eine Person bin die zum Beispiel für die Tagesschau arbeitet, ich das als Schild vor mir her trage ja dann? Dann werde ich mit der Tagesschau verknüpft und die Tagesschau auch mit mir. Ich bin nicht „privat“ sondern öffentlich, kontextuell eingebunden zwischen den Dingen die ich sage.
Jetzt ist da also dieser Journalist, der Nazis retweetet und drauf angesprochen wird. Was ist da? er hat doch zusätzlich noch Retweet ≠ Endorsement im Twitter-Profil stehen, das muss man schon verstehen. Der retweetet Personen aus einem Kontext heraus. Es geht nicht nur um die Botschaft selbst sondern auch darum, wer sie von sich gibt. Durch das Verbreiten einer vielleicht unverfänglichen Nachricht von (Hypothetisch) Holger Apfel muss ich mir halt schon die Frage gefallen lassen, warum ich Nazis weiter verbreite. Und was ist, wenn ich das doch nur weiter verbreite, um es in folgenden Tweets zu verurteilen? Nun, dafür gibt es die Möglichkeit, einen Tweet zu zitieren und direkt zu kommentieren.
Um es mal ganz klar zu sagen: wenn du privat auf Twitter sein willst, dann stell verdammt noch mal deinen Account auf privat. Das sind die mit dem Schloss. Dann ist mir auch egal, ob du bei der ZEIT arbeitest oder im Außenministerium oder für eine große Stiftung. Wenn du jemanden verbreitest, der Nazi ist oder auch nur „einfacher Rassist“, dann darf ich davon ausgehen, dass du dies Meinungen gut findest. So einfach ist das. also, räumt eure Twitter-Bios auf. In zu vielen steht nämlich der Bullshit aus dem Titel.
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